Wansleben am See (Mansfelder Land, Sachsen-Anhalt)

Artefakte - Denkmale deutscher Geschichte
Fotos: Martin Schramme | Keine Verwendung der Fotos ohne Nachfrage!
letzte Änderung am 10.10.2021

Wansleben befand sich bis 1892 am Salzigen See, der jedoch bis 1893/94 für den Kalisalz-Bergbau trockengelegt wurde. Es entstand das Kaliwerk Vereinigte Ernsthall. Das Abteufen des Georgi-Schachts (Ernsthall) begann im März 1898. 1910 folgte die Teufe des zweiten Schachts (Neu-Mansfeld). Die Vereinigte Ernsthall gehört anfangs zur Mansfeldschen Kali-AG Eisleben. Im Ort Wansleben wurde eine Kalifabrik errichtet. Bergwerk und Fabrik verband eine mehr als zwei Kilometer lange Seilbahn zum Transport des Salzes. Später kaufte der Salzdetfurth-Konzern die Anlagen.

Georgi-Schacht (Kali-Bergbau und Untertage-Rüstungsbetrieb)

Georgi-Schacht: Kali-Mine und NS-Ruestungsschmiede in Wansleben, Foto: Martin Schramme, 03.2010 Foto: Martin Schramme, 03.2010 Foto: Martin Schramme, 03.2010 Foto: Martin Schramme, 03.2010
Foto: Martin Schramme, 03.2010 Foto: Martin Schramme, 03.2010 Foto: Martin Schramme, 03.2010 Foto: Martin Schramme, 03.2010

Eigentlich wurde nach Kupferschiefer gebohrt, doch die Bergleute stießen in Wansleben am See auf Kalisalz 1896. Wegen der Mächtigkeit des Flözes wurde die Lagerstätte zwei Jahre später aufgeschlossen. Der Georgi-Schacht nahm schließlich als erstes Kaliwerk der Mansfeld-Gewerkschaft den Betrieb auf. Das Kalisalz wurde in Wansleben weiterverarbeitet. 1925 war der Schacht als Kalischacht ausgebeutet. Er sollte erst während des Zweiten Weltkrieges (1939-1945) wieder Bedeutung erlangen. Betreiber der Grube war die Hallesche Pfännerschaft als Teilbetrieb der Mansfeld AG. Bereits im Januar 1934 übergab die Pfännerschaft Betriebspläne der stillgelegten Kaliwerke in Wansleben.

Wie der ehemalige Häftling Geoffroy de Clercq (Frankreich) berichtet, musste er vom Frühjahr 1943 bis Frühjahr 1944 Tunnel und Räume in das Salz von Wansleben graben. In den ausgebauten Schächten seien später Motoren für Flugzeuge der Deutschen Luftwaffe gebaut worden. (Quelle)

Die Bauarbeiten an der Untergrundfabrik für die Maschinenfabrik und Rüstungsschmiede Christian Mansfeld GmbH (Leipzig-Paunsdorf) wurden im März 1944 gegonnen. Mit der Durchführung und Überwachung des Baus war der SS-Führungsstab A6 betraut. Zu den Arbeiten herangezogen wurden Häftlinge des KZ-Buchenwald. Im Schnitt waren 1400 Häftlinge im Einsatz. Gebaut wurden Flugzeugteile für die Junkers-Werke, Granatteile sowie Teile für die Mittelstreckenraketen V1 und V2. Am 11./12. April 1945 wurde das Lager evakuiert. Die amerikanischen Truppen waren herangerückt. Am 14. April befreiten die Amis das Außenlager Wansleben des KZ Buchenwald (Decknamen Mansfeld, Biber II, A6 und Wilhelm).

Im Sommer übernahmen die Russen den Georgi-Schacht. Schon bald begannen sie mit der Demontage der Werksanlagen. Dagegen protestierte die Hallesche Pfännerschaft. Sie will den Abbau verhindert und wendet sich an die Industrie- und Handelskammer Halle-Saale. Im Schreiben vom 16. Januar 1946 an das Oberbergamt Halle in Halle/Saale heißt es: "In den durch das Reich unter Tage angelegten Fabrikationsräumen des Georgischachtes bei Wansleben sind im Jahre 1944 Fertigungsmaschinen eingebaut und dieser Betrieb von fremden Firmen betrieben worden. Seit einigen Monaten ist von einem russischen Militärkommando der Ausbau dieser Maschinen unternommen ..."

Derweil wurde der Kalischacht nicht nur militärisch genutzt, sondern auch um kostbare Literatur vor Bombenangriffen zu schützen. So wurden bedeutende Bücher aus dem Bestand der Akadmie der naturforscher "Leopoldina" (heute Nationalakademie) im nahen Halle Saale nach Wansleben am See und unter Tage gebracht. Sie gelangte später in Teilen bis nach Georgien, wo sie der Journalist Nico Wingert aufspürte. Der berichtete im Juli 2008 im Stern unter der Überschrift "Beutekunst verschimmelt im Keller" über ein Geheimarchiv in Tiflis, das 1986 angelegt worden sein soll und 2006 wiederentdeckt.

1946 wurden die Tagesanlagen sowie die Zugänge zu den unterirdischen Schächten demontiert oder gesprengt. Von 1955 bis 1966 dauerte das Verfüllen des Schachtes. Bis 1983 wurden die Zugänge verfüllt und der zentrale Schacht mit einer großen, achteckigen Stahlbetonplatte versiegelt.

2006 wurde der Verein zur Aufarbeitung der NS-Gewaltherrschaft Mansfelder Land / Salzbergwerk Neu Mansfeld / Georgi e.V. gegründet. Er verfolgt große Pläne und will die alten Bergwerks- und Bunker-Anlagen wieder herrichten.

Mai 2011: Vom Schacht Georgi sind nur Trümmer - Stahlbeton und Klinkersteine - übriggeblieben. Zu erkennen sind trotzdem noch die ungefähre Lage der Hauptgebäude und Förderanlagen sowie der Gleisanschluss an der Strecke Halle-Kassel. An Resten der Schachtanlagen sind Sprenglöcher zu erkennen.

Auf dem 1946 errichteten Mahnmal für die Opfer des Faschismus steht: "Sie haben Euch gemordet, aber Ihr lebt in uns und durch uns für ein freies Deutschland. Den Opfern des Faschismus 1933-1945". Genannt werden beispielhaft KZ-Standorte, auf drei Seiten einer Stele und Wansleben erscheint auf der Rückseite. Das sind die Orte: Gross-Rosen, Plaszow (Polen, spielte im Film "Schindlers Liste" eine Rolle), Esterwegen, Torgau, Fuhlsbüttel, Celle, Wilhelmsburg, Dora, Aschend Moor, Wilna (Litauen), Hertogenbosch (Niederlande), Amersfoort (Niederlande), Neckarelz, Kiel-Rousse, Birkenau (Polen), Riga (Lettland), Natzweiler, Cottbus, Wansleben, Politz (Außenlager von Sachsenhausen in der Tschechoslowakei), Landsberg, Kowno (pikanter Weise der russische Name für Kaunas/Litauen), Flossenburg, Ebensee, Hintzert (bei Trier), Buchenwald (bei Weimar), Auschwitz (Polen), Dachau, Sachsenhausen, Mauthausen, Stutthof (Polen, bei Danzig), Neuengamme, Lublin (Polen), Bergen-Belsen, Theresienstadt, Maidanek (Polen), Ravensbruck, Gusen (Österreich, bei Linz), Kiel-Hasse. Vermerkt sind außerdem Aufsteller und Aufstellungsjahr: Errichtet vom Mansfelder Seekreis 1946
Anmerkung: Die Klammerausdrücke hinter den Ortsnamen sind Erklärungen, die auf der Gedenksäule nicht zu finden sind.

Weitere Hinweise auf das KZ-Außenlager Wansleben sind auf dem Friedhof in Wansleben am See zu finden. Gleich links neben dem Eingang führt eine Treppe zu einer Reihe Gräber, in deren Mitte sich ein Gedenkstein (ein roter Stein mit weißer Ofentür als stilisiertes Krematorium gekrönt von einer abgebrochenen schwarzen Säule). Der Sockel ist quaderförmig und so gedreht, dass zwei Seitenflächen jeweils diagonal zu den Gräbern stehen. Auf der Ofentür steht "regrets". Auf dem roten Stein sind die Namen der Toten teilweise nicht mehr zu erkennen. Zu erkennen sind aber folgende Namen: Kamorsky Stanislaus, Leon Jezserski, Ignacy Barezak, Dr. Edmund Kubis, Kazimierz Wulczak, Adam Chudzia und Antoni Jaskolski. Außerdem ist sieben Mal "namenloser Häftling" zu lesen. Den Namen nach zu urteilen, handelt es sich mehrheitlich um Polen. Vom Eingang aus gesehen in der äußersten rechten Ecke des Friedhofs befindet sich ein weiterer Grabstein: "Ihr bleibt unvergessen Michail Worobjew, Wladimir Soliwon, Stanislaw Wozniak, Ghiandi Ottorino und weitere unbekannte Opfer des Faschismus".

Beitrag zum Schacht "Georgi" im Spiegel 38/2005

Schacht Neumansfeld (Kali, 1910-1925)

Schacht Neumansfeld, Foto: Martin Schramme, 03.2010 Foto: Martin Schramme, 03.2010 Foto: Martin Schramme, 03.2010

Im 1910 getäuften Schacht Neumansfeld (Gewerkschaft Ernsthall) am Kerner See bei Wansleben am See wurde Kalisalz abgebaut.

Betriebe in der DDR (1949-1990)

Wirtschaft in Wansleben vor 1945
Kalifabrik Wansleben
Kaliwerk Vereinigte Ernsthall
Restaurant zum Seebad von Otto Bolle (Speisen und Getränke, Gartenlokal und Kegelbahn, angenehmster Aufenthalt in der Umgegend)

Quellen
picclick.de

 

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