Schkopau (Saalekreis, Sachsen-Anhalt)

Artefakte - Denkmale deutscher Geschichte
Fotos: Martin Schramme | Keine Verwendung der Bilder ohne Nachfrage!
letzte Änderung: 14.06.2020

Schkopau erlangte weltweite Bekanntheit durch den Bau des Buna-Werkes (I.G. Farben). 1936 startete das NS-Regime das Unternehmen zur Herstellung von synthetischem Kautschuk (Buna = Kürzel, das für die Polymerisation von Butadien mit Natrium steht). Mit Blick auf den geplanten Krieg ging es darum, die deutsche (Rüstungs)Industrie bei der Fertigung von Reifen unabhängig von Kautschuk-Importen aus dem Ausland zu machen. Zu DDR-Zeiten brannte sich der Name des Ortes in die Hirne der Menschen durch den einprägsamen Werbeslogan "Plaste und Elaste aus Schkopau".

Buna-Klubhaus, "Haus der Freundschaft" (Bau X 50)

Buna-Klubhaus, Foto: Martin Schramme, 2014 Foto: Martin Schramme, 2014 Foto: Martin Schramme, 2014 Foto: Martin Schramme, 2014

Das Klubhaus "Haus der Freundschaft" in Schkopau, Kulturhaus der Buna-Werke (mit 18.000 Werktätigen) im mitteldeutschen Chemie-Dreieck Halle-Merseburg-Bitterfeld, wurde 1952/53 errichtet und am 11. Oktober 1953 übergeben. Es wurde auf Geheiß sowjetischer Offiziere erbaut, die dafür 1,85 Millionen Mark freigaben. Die Architekten des Arbeiterpalastes hießen Hauser und Reinhardt. Neben dem Theatersaal mit 748 Plätzen und der damals modernster ühnentechnik gab es im Obergeschoß des Hauses einen kleinen Konzertsaal für 250 Personen. Das Haus wurde von 1955 bis 1958 zügig weiter ausgebaut und hatte letztlich auch eine Gaststätte mit 200 Plätzen sowie über 100 Räume für Zirkelarbeit und Feste aller Art. Schkopau war Vorbild für andere Orte. Arbeiter erfuhren Kultur und Kunst und wurden selbst Kulturschaffende und Künstler etwa im DDR-weit einmaligen "Zirkel komponierender Arbeiter". Letztlich ging es darum, die Vision vom neuen Menschen, von der "sozialistischen Persönlichkeit" zu erfüllen. Im Haus waren auch zahlreiche internationale Gäste, darunter die Mailänder Scala, das Bolschoi-Theater Moskau und das Königlich-Schwedische Ballett Stockholm. Ernst Busch und Helene Weigel gastierten viele Jahre lang regelmäßig. Im Hause befanden sich etliche Arbeitsgemeinschaften, darunter der Zirkel schreibender Arbeiter, der Fotozirkel, der Buna-Chor, die Tanzgruppe und der Kindermalzirkel, wo unter anderem der heute bekannte hallesche Maler Uwe Pfeifer zur Kunst kam. Finanzier das Klubhauses war bis zum Ende der DDR der VEB Kombinat Chemische Werke Buna.

Die 1. Arbeiterfestspiele 1959 in Halle (12. bis 21. Juni 1959) wurden im Buna-Klubhaus feierlich eröffnet (FOTO). Das Motto des Festprogramms der Chemiearbeiter: "Chemie schafft Brot, Wohlstand, Schönheit". Arbeiter zeigten auf den Arbeiterfestspielen ihr kulturelles Schaffen, von 1959 bis 1972 jährlich, dann von 1974 bis 1988 alle zwei Jahre.

Ende der 1980er Jahre gab es auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) mehr als 1000 Kultur- und Klubhäuser. In Analogie zum "Wirtschaftswunder" in der BRD hat die DDR ein "Kulturwunder" vollbracht. Nach der Wende interessierten sich die neuen Herren des Buna-Werkes nicht mehr für das Klubhaus. Ende 1998 fiel im Kulturhaus Buna der letzte Vorhang.

Jahrelang stand das Kulturhaus leer und verfiel. Dann kam ein Investor. Von 2002 bis 2004 wurde an einer Großdisko gebaut. Der Betreiber der Schorre in Halle an der Saale, Martin Niemöller, wollte sie aufziehen. Bereits 2001 hatte er unter anderem Wirtschaftsministerin Katrin Budde (SPD) für das Vorhaben begeistern können. 20 Millionen Euro sollte der Ausbau kosten. Fast die Hälfte des Geldes war vom Land Sachsen-Anhalt als Förderung zugesagt. Eine Millionen Gäste sollten im Jahr nicht nur die Diskothek, sondern auch hochkarätige Konzerte besuchen. Mehr als 13.000 Quadratmeter Nutzfläche, verteilt auf sieben Eventbereiche, und 42 feste Arbeitskräfte waren geplant. Das Gebäude wurde eingerüstet, entkernt und bereits mit ersten Einbauten versehen. Immerwieder kam es zu Verzögerungen, bis schließlich die Fördermittelgeber eingriffen. Man sah sich im Jahr 2008 vor Gericht wieder. Der Vorwurf: Betrug und Insolvenzverschleppung. 12,8 Millionen Euro waren in das Vorhaben geflossen, doch Gutachter taxierten das Haus auf 2,1 Millionen Euro. Mehrere Zwangsversteigerungen durch die Gläubigerbank Saalesparkasse verliefen ergebnislos. Im März 2013 berichtete die ortsansässige Tageszeitung MZ, dass ein Investor aus Leipzig Interesse an dem Gelände habe. Er wolle dort einen Gewerbepark entwickeln. Mit Abriss sei zu rechnen. Im April 2014 wurde die Saalesparkasse als Hauptgläubigerin des ramponierten Gebäudekomplexes in der MZ erneut mit der Absicht zitiert, das Haus schnellstens verkaufen zu wollen.

2010 brachte der Basis-Film Verleih Berlin zum Objekt den 92minütigen Dokumentarfilm "An der Saale hellem Strande - ein Kulturhaus erzählt" heraus, der in Kooperation mit dem Bayerischen Rundfunk entstand. Zwöf Jahre akribische Filmarbeit gelangten so an die Öffentlichkeit.

Betriebe in der DDR
VEB Chemische Werke Buna (Betriebszeitung "Aufwärts")
VEB Industriebau Schkopau (VEB Bau- und Montagekombinat Chemie Halle)
VEB Konditoreiwaren Schkopau

Wirtschaft in Schkopau vor 1945
Ammoniakwerke Merseburg GmbH, Werk Schkopau (gestartet 1936, weltweit erstes Synthese-Kautschu-Werk)

Quellen
Dokumentarfilm "An der Saale hellem Strande - ein Kulturhaus erzählt"
Wikipedia.de