Diese Seite befasst sich mit der "Leipziger Messe" in der DDR. Damals war die Messe das Schaufenster in eine Welt, die in zwei verfeindete Lager gespalten war: in das sozialistische Lager im Osten und die kapitalistischen Staaten im Westen. Die Leipziger Messe der Jahre 1949 bis 1990 war eine Mustermesse und Leipzig damit ein Welthandelsplatz.
1949 - Leipziger Messe steht im Zeichen des Goethe-Jahrs (200. Geburtstag) und die DDR sammelt Geld für den Wiederaufbau der Goethe-Stadt Weimar.
1950 - Die "Leipziger Messe" wirbt mit dem Slogan "Leipziger Messe - Symbol der Einheit Deutschlands". Das Leipziger Messeamt wird in einen Volkseigenen Betrieb (VEB) umgewandelt. Umbau der Messehalle 12 zum "Sowjetischen Pavillon" mit der 36 Meter hohen vergoldeten Spitze.
1951 - Die DDR steckt mitten im ersten Fünf-Jahres-Plan, der mittels einer Briefmarke aktiv beworben wird. Auf dem Ersttagsbrief zur Leipziger Messe im Herbst 1951 ist auch der "Frieden" ein zentrales Thema. Die Remilitarisierung Westdeutschlands steht auf der Agenda. 17.000 Menschen fordern bei einem Kongress in Essen eine Volksbefragung gegen die Remilitarisierung. Am Ende kommen mehr als 9 Millionen Friedensstimmen zusammen. Die Bundesregierung reagiert darauf mit einem Gesetz, das Remilitarisierungsgegner als Verfassungsfeinde kriminalisiert, die wegen Hochverrats angeklagt werden können.
1952 - Die DDR propagierte die Leipziger Messe 1952 als "Friedensmesse des sozialistischen Aufbaus".
1953 - Das Messejahr wird vom Volksaufstand rund um den 17. Juni überschattet. Unzufriedenheit und Unruhe haben tatsächlich viele Menschen in der DDR erfasst.
1954 - Die Leipziger Messe ist wieder international und begrüßt Gäste aus aller Welt.
1955 - Es gibt ab sofort zwei Messetermine pro Jahr: Frühjahrsmesse und Herbstmesse.
1956 - Zur Frühjahrsmesse nimmt die DDR-Lufthansa den Messe-Linien-Flugverkehr zum Flughafen Leipzig-Mockau auf.
1957 - Dieses Jahr scheint zu zeigen, dass der Sozialismus dem Kapitalismus überlegen ist, denn die Sowjetunion hat "Sputnik" ins All geschickt und kommt damit den Amerikanern zuvor.
1958 - Die Welt steht noch unter dem Eindruck des Raumfahrt-Erfolgs der Sowjetunion im Oktober 1957 und die DDR nennt ihren neuen Kleinwagen AWZ P50 ganz in diesem Sinne "Trabant" (Begleiter, Satellit).
1959 - Die DDR nutzt die Messe als Bühne, um den in der DDR als Gegenentwurf zum Rock 'n' Roll erfundenen Lipsi-Tanz zu bewerben. Der Tanz im 6/4-Takt ist allerdings nur eine kurze Marotte, die sich nicht durchsetzt.
1960 - Die Staatliche Porzellanmanufaktur Meißen feiert ihr 250-jähriges Jubiläum als Aussteller auf der Leipziger Messe.
1961 - Die Leipziger Messe wird durch den Mauerbau in Berlin überschattet. Aus DDR-Sicht ist der Schritt jedoch notwendig, um sich gegen die aggressive Politik der "Bonner Ultras" zu schützen. Der Mauerbau ist eine tiefe Zäsur im Ost-West-Handel. Die BRD reagiert darauf unter anderem mit der Kündigung des 1951 geschlossenen Vertrags über den innerdeutschen Handel und einem Boykott-Aufruf gegen die "Leipziger Messe".
1962 - Das SED-Zentralorgan "Neues Deutschland" betont in seiner Ausgabe zur Leipziger Frühjahrsmesse 1962 den "Handel England-DDR über politische Schranken hinweg".
1963 - Die DDR verleiht auf der Herbstmesse zum ersten Mal Messe-Gold.
1964 - Die Leipziger Messe hat jetzt ein Maskottchen: das Messe-Männchen.
1965 - Die Leipziger Messe 1965 ist eine Jubiläumsmesse und steht unter dem Motto "800 Jahre Leipziger Messe".
1966 - In diesem Jahr würdigt die DDR unter anderem die Entwicklung eines elektronischen Lochkartenrechners. Zu den Attraktionen der Messe gehören auch Raumfahrtobjekte aus der Sowjetunion, die zu diesem Zeitpunkt bereits Männer und Frauen ins Weltall geschossen hat, wobei Alexei Leonow 1965 als erster Mensch der Welt im Kosmos sein Raumschiff verlassen hatte. Außerdem ist gerade erst mit der Sonde Luna 9 die erste weiche Mondlandung gelungen. Im Laufe des Jahres kann die DDR auch den neuen Wartburg 353 vorstellen, der bis 1988 das Standardmodell der Autobauer in Eisenach bleiben wird.
1967 - Auf der Leipziger Messe präsentiert sich die DDR auch in diesem Jahr als weltoffen und beansprucht Weltniveau. Dabei erreicht das Land nun eine neue Stufe ihres Souveränitätsverständnisse und führt ihre eigene deutsche Staatsbürgerschaft ein. Die lange auch im Osten offensiv verfolgte Idee der Einheit Deutschland wird entgültig begraben. Fortan gibt es "Bürger der Deutschen Demokratischen Republik" oder kurz "DDR-Bürger". Derweil bleibt die Bundesrepublik bei ihrem Alleinvertretungsanspruch, womit sie die Eigenständigkeit der DDR leugnet.
1968 - Das Messejahr wird von der Sprengung der Universitätskirche St. Pauli am 30. Mai überschattet. Doch nur eine kleine Gruppe DDR-Bürger protestiert dagegen. Für die Mehrheit der Menschen hat die Kirche nach vielen Jahren sozialistischer Propaganda, die Kirche als "Opium fürs Volk" betrachtet, keine besondere Bedeutung mehr. Sie ist ein Relikt der Vergangenheit in Ausbeutersystemen und steht der neuen Zeit im Wege.
1969 - Die Messe 1969 steht im Zeichen der Feierlichkeiten "20 Jahre DDR". Mit einem Meer aus DDR-Fahnen demonstriert der Arbeiter-und-Bauern-Staat stolz seine politische und ökonomische Stärke. Zu den Neuheiten aus der Welt der sozialistischen Wirtschaft gehört diesmal die Farbdruckmaschine Planeta Variant aus Radebeul.
1970 - Die DDR feiert sich zur Leipziger Messe als "international anerkannter Handelspartner".
1971 - Zur Leipziger Frühjahrsmesse 1971 macht Schlagzeilen, dass Japan seine Ausstellungsfläche gegenüber dem Vorjahr verdoppelt hat. Einen Höhepunkt auf der Frühjahrsmesse kann der VEB Fritz-Heckert-Werk aus Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) präsentieren: Das weltweit erste Flexible Fertigungssystem (FFS) mit dem Name "Prisma 2", das gerade in Betrieb gegangen ist. Die Welt erlebt die dritte Industrielle Revolution, die durch den Einsatz vom Computern in der Industrie eingeleitet wird. Das Ministerium für Staatssicherheit notiert im Ergebnis der Kontrolle der Messestände zur Frühjahrsmesse 1970, dass "die politische Aussage in der Standgestaltung" verbessert werden muss. Insbesondere für die Technische Messe habe sich folgendes Bild ergeben: "Die politische Aussage der Messestände musste im Allgemeinen, besonders auf dem Technischen Messegelände, als ungenügend eingeschätzt werden." In Hinblick auf die Messebeteiligung aus dem kapitalistischen Ausland fällt dem DDR-Geheimdienst auf, dass die Zahl der Bank und Journalisten deutlich zugenommen hat.
1972 - Die DDR würdigt das Jubiläum "50 Jahre Sowjetunion auf der Leipziger Messe". 1922 hatte das erste sozialistische Land der Welt erstmals an der Messe in Leipzig teilgenommen. Messebesucher, die über den Leipziger Hauptbahnhof anreisen, können nun das höchste Wohngebäude der DDR bestaunen, das 95,5 Meter hoch ist und samt dem tonnenschweren, rotierenden Messesignet Doppel-M sogar 106,8 Meter misst. Wer weiter bis zum Karl-Marx-Platz geht trifft auf einen weiteren, noch höheren Neubau: das Universitätshochhaus direkt neben der Karl-Marx-Universität (KMU) mit einer Höhe von 142,5 Metern.
1973 - Auf Briefmarken der Deutschen Post zum Messejahr 1973 in Leipzig sind unter anderem Sportmotive der "Expovita" zu sehen. Die "Expovita" ist die zentrale und bedeutendste Sport- und Freizeitausstellung in der DDR, die seit 1969 während der Herbstmesse stattfindet. Hinter der Leistungsschau steht der VVB Musikinstrumente und Kulturwaren Plauen, der 1981 in das Sportgeräte-Kombinat GERMINA übergehen wird.
1974 - Erstmals zählt die Leipziger Messe in der DDR Messegäste aus 100 Staaten.
1975 - Die Herbstmesse 1975 wird von einem schrecklichen Unfall einer Tu-134 überschattet, die durch einen Pilotenfehler mit dem Sendemast eines Funkfeuers kollidiert, was eine Katastrophe auslöst, in deren Folge 27 von 34 Insassen sterben und die Maschine fast vollständig zerstört wird.
1976 - Das laufende Jahr wird mal wieder von politischen Querelen überschattet. Diesmal geht es um Ärger mit dem Liedermacher Wolf Biermann, die mit dessen Ausbürgerung enden wird, und um die Selbstverbrennung von Pfarrer Oskar Brüsewitz in Zeitz als Protest gegen die Einschränkung der Religionsfreiheit in der DDR. Brüsewitz versteht sich als Märtyrer und markiert mit seinem Weg in den Tod eine Zäsur in der DDR-Geschichte, die zu ihrem Ende führen wird. Das Ministerium für Staatssicherheit der DDR registiert, dass westdeutsche Messegäste zur Leipziger Herbstmesse 1976 vorwiegend sachlich-kommerziell auftreten und sich auf ökonomische Interessen konzentrieren wollen. Das sei eine Folge eines Fernsehinterviews mit dem Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelstages und Vorsitzenden des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft, Otto Wolff von Amerongen. Er wird zitiert, dass "wirtschaftliche Sanktionen gegen die DDR aufgrund bisher gesammelter Erfahrungen wenig Aussicht auf Erfolg haben und politische Dinge nicht mit wirtschaftlichen Maßnahmen beantwortet werden sollten". Aus dem Stasi-Papier geht auch hervor, dass das auf Datenverarbeitungs- und Büromaschinen spezialisierte Kombinat Zentronik seine Zusammenarbeit mit dem italienischen Büromaschinenhersteller Olivetti ausbauen will.
1977 - Die DDR kommt wegen steigender Weltmarktpreise insbesondere für Öl, Gas und Kaffee zunehmend in Schwierigkeiten. Die Devisenbeschaffung gestaltet sich schwierig. Die Bereitschaft der Bevölkerung, beim Kaffee Abstriche zu machen, hält sich in Grenzen. Zu den guten Nachrichten des Jahres gehört die Übergabe der neuen Messehalle 7 auf dem Technischen Messegelände der Leipziger Messe.
1978 - Der VEB Fahrzeugbau Waltershausen stellt auf der Herbstmesse seinen neuesten leichten Lastwagen "Multicar 25" vor.
1979 - In den Zentralen für Agitation und Propaganda in der DDR entstehen immer neue Schlagzeilen, welche die Stärke der DDR unterstreichen sollen. Zur Herbstmesse 1979 titelt das "Neue Deutschland" entsprechend: "Messe widerspiegelt hohe Leistungskraft und Dynamik der Volkswirtschaft der DDR". Im Mittelpunkt der Berichterstattung steht auch, "den Anteil der auf Spezialisierung und Kooperation beruhenden Lieferung am gesamten Warenaustausch planmäßig zu erhöhen."
1980 -
1981 - Das Eröffnungskonzert zur Leipziger Messe findet erstmals im neuen Gewandhaus zu Leipzig am Karl-Marx-Platz statt. Außerdem ist jetzt das von Japanern erbaute Interhotel "Merkur" am Start.
1982 - 1982 - Die Teilnahme von 9000 Ausstellern aus 69 Staaten und Besucher aus über 100 Ländern sind für das "Neue Deutschland" ein Beleg der "hohen Anerkennung für die volkswirtschaftliche Entwicklung der DDR. Leipzig habe den "Ruf als Stätte weltoffenen Handels" bestätigt.
1983 -
1984 - Zum 35. Jahrestag der DDR titelt das SED-Zentralorgan "Neues Deutschland" mit folgender Schlagzeile: "Leipzig - Zentrum weltoffenen Handels im Dienst des Friedens". Von 9000 Ausstellern ist die Rede. Im Zuge der Messe gibt es Treffen mit Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff (FDP) und dem Bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß (CSU), der dafür seinen Privatjet zum Messeflugplatz gesteuert hat.
1985 -
1986 - Zur Frühjahrsmesse landen Geschäftsleute mit dem französischen Überschallpassagierflugzeug Concorde auf dem Flughafen Leipzig in Schkeuditz.
1987 -
1988 -
1989 -
1990 -
Quellen
pr-museum.de
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