Der Anschluss an die Eisenbahn bedeutet für Neudietendorf wie für viele andere Orte im Deutschen Reich den Anfang eines beispiellosen wirtschaftlichen Aufstieg, wenn auch der Umfang in dem kleinen Ort bescheidener war. 1847 war es soweit: Neudietendorf wurde im Netz der Thüringischen Eisenbahn-Gesellschaft an Arnstadt angeschlossen und entwickelte sich zu einem wichtigen Rangierplatz für den Güterverkehr. Zu den Besonderheiten in Neudietendorf gehörte in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus die 1921 neu erbaute Erste Thüringer Bauernhochschule.
Aromatiquefabrik Neudietendorf
Aromatique ist ein Gewürzlikör aus Thüringen, das seit 1828 in Neudietendorf produziert wird. Das 40-prozentige Gebräu auf Gewürzbasis unterscheidet sich geschmacklich deutlich von anderen Kräuterlikören. Dessen Herstellung geht auf den Apotheker Daniel Thraen zurück, der das Getränk als Tinktur für Magen und Darm entwickelte. 1876 nutzte der Unternehmer Reinhold Schmidt den Erfolg des Aromatique und übernahm dessen Produktion in seiner Essenzenfabrik. Zu den Spezialitäten der Destillation und Fruchtsaft-Presserei gehörten neben dem Aromatique-Liqueur auch Limonaden und Essenzen für das In- und Ausland. Theodor Kramer übernahm die Fabrik 1897. Als Th. Kramer & Co bewarb sein Produkt als bestes Hausmittel bei jeglichen Verdauungsstörungen und Magenbeschwerden und feinsten Tafellikör, dessen Qualität für sich spricht und nicht durch markschreierische, das Fabrikat verteuernde Reklame angepriesen werden muss. Ende der 1940er Jahre gab es in Neudietendorf noch fünf Aromatiquefabriken, seit den 1970er Jahren war es nur noch eine. Kramer blieb, Lappe, Nordhaus und Schultz produzierten nach der Flucht aus der Ostzone im Westen weiter. Nach 1945 und der Gründung der DDR wurde der Betrieb Kramer zunächst mit staatlicher Beteiligung weitergeführt, ehe er 1972 zum einem VEB (K) vollständig verstaatlicht wurde.
Nach der Privatisierung am 15. August 1991 behauptete sich der Betrieb auch im wiedervereinten Deutschland. Am 22.11.2013 wurde der Firmen-Werbespot "Der Apotheker" in der Kategorie "Beste Werbung" ausgezeichnet.
Betriebe in der DDR (1949-1990)
VEB (K) Aromatique-Fabrik Neudietendorf
VEB Bürochemie Neudietendorf (VEB Kombinat Technische Erzeugnisse Gotha)
VEB Filzwaren Neudietendorf (VEB Technische Filze Wurzen Werk Pegau/Produktionsbereich Neudietendorf, Bergstr. 10)
VEB Gesundheitsschuhe Neudietendorf
VEB Kerzenfabrik Neudietendorf
VEB Limo Neudientendorf
VEB Polstermöbel Neudietendorf (VEB Thüringer Möbelkombinat Suhl)
VEB Optima Erfurt BT Neudientendorf (VEB Kombinat Zentronik / Kombinat Robotron)
VEB Wohnraumleuchten Neudietendorf
VEB Ziegelei Neudietendorf
Wirtschaft und Leben in (Neu)Dietendorf vor 1945
Aromatiquefabrik Neudietendorf (Aechter Lappe = feinster Magenlikör)
Emil Langenhan, Fabrik chemischer technischer Produkte, Dietendorf-Neudietendorf (Stammhaus gegr. 1887. Prima Bohnerwachs, Import-Lager der "Rex-Olei", Auto-, Motoren-, Maschinen-Öle und Fette sowie der "Spidolin"-Auto-Öle, Motoren- und Maschinen-Oele "Rex Olei", gute Qualitätsöle für Auto und Motorräder Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft in Kanistern von 2, 3, 5 und 10 Liter in Garagenfässern mit Hahn von 33, 50, 100 und 175 Kilo netto)
Erstes Neudietendorfer Versandhaus Carl Gottlob Weber (Thüringer Specialiäten: Thüringer Schmätzchen = extrafeines Vanille-Eiweißgebäck in Pralineeform, Gnad. Bretzeln = Dessertgebäck mit Weltruf, Neud. Pfeffermünzüchel)
Rudolf Hofmann Elektro-Werkstätten, Ingerslebenerstr. 2
Thüringer Evangelisches Sonntagsblatt
Eintrag im Brockhaus-Lexikon von 1894
Am Flüßchen Apfelstädt und an den Linien Halle-Bebra und Neudietendorf-Plaue-Ritschenhausen der Preußischen Staatsbahnen. Post zweiter Klasse, Telegraph. Zwei Brauereien sowie ansehnliche Fabrikation von Aromatique und Pfefferminzplätzchen (Th. Lappe), Zinnober (Lilliendahl), Siegellack, Rohrstäben für Geflecht, Fischbeinstäben und Lederfärberei.