Leuna (Sachsen-Anhalt)

Artefakte - Denkmale deutscher Geschichte
Fotos: Martin Schramme | Keine Verwendung der Fotos ohne Nachfrage!
letzte Änderung am 12.01.2023

Leuna ist Dank der Chemischen Industrie weit über Deutschland hinaus bekannt geworden. Zur Sprengstoffherstellung war die Fabrik 1916/1917 errichtet worden. Nach dem Kriege wurde auf Düngemittel umgestellt. Im Deutschen Reich etablierten sich auch die Treibstoffe der Leuna-Werke, welche im Tankstellennetz der Deutschen Gasolin AG vertrieben wurden. Mit mehr als 3300 Zapfstellen war die Gasolin 1935 die Nummer 5 der Treibstoffanbieter im Deutschen Reich.

Nachkriegsbauprojekt in der SBZ

DDR-Aufbaujahre in Leuna, Foto: Martin Schramme, 2022 DDR-Aufbaujahre in Leuna, Foto: Martin Schramme, 2022

In Leuna unweit des Haupteingangs zum Leuna-Werk findet man folgende Aufschrift: "Umschüler des Baugewerbes schufen neue Wohnungen im Wiederaufbau 1945-1949." Es ist die Erinnerung an die schwere Zeit nach dem Zweiten Weltkreig, als Deutschland in Trümmern lag und wiederaufgebaut werden musste. Im sowjetisch kontrollierten und daher sozialistisch transformierten Teil Deutschlands, also im Osten, gründete man dafür extra die Organisation "Nationales Aufbauwerk" (NAW). Allerdings passierte das erst 1951, also nach der Gründung der DDR im Oktober 1949.

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DDR-Objekt in Leuna

DDR-Objekt in Leuna, Foto: Martin Schramme, 2022 DDR-Objekt in Leuna, Foto: Martin Schramme, 2022 DDR-Objekt in Leuna, Foto: Martin Schramme, 2022 DDR-Objekt in Leuna, Foto: Martin Schramme, 2022 DDR-Objekt in Leuna, Foto: Martin Schramme, 2022 DDR-Objekt in Leuna, Foto: Martin Schramme, 2022 DDR-Objekt in Leuna, Foto: Martin Schramme, 2022 DDR-Objekt in Leuna, Foto: Martin Schramme, 2022 DDR-Objekt in Leuna, Foto: Martin Schramme, 2022 DDR-Objekt in Leuna, Foto: Martin Schramme, 2022

Gebäude in diesem Stil, sogar in der Farbgebung, hat man in der DDR an zahlreichen Standorten gebaut. In der Regel handelte es sich dabei um Büro-, Verwaltungs-, Forschungs- oder Schulgebäude. Diese Objekt steht in Leuna an der Straße nach Spergau. Wer weiß mehr darüber? Bitte hier melden.

Chemieprodukte aus den Leuna-Werken Walter Ulbricht (DDR)

Leunarex, Foto: Martin Schramme

Leunarex war ein Geschirrspümittel aus der sozialistischen Produktion der DDR, das als "Konsumgut" in Umlauf kam. Hersteller waren der VEB Leuna-Werke "Walter Ulbricht" in Leuna. Bei Leunarex sollte es sich um ein exzellentes Produkt handeln, woher die Endung hinter Leuna herrührt. Die Herstellung begann um 1980.

Investruine Quinn im Leuna-Werk (2011)

Investruine von Quinn in Leuna, Foto: Martin Schramme, 2022 Investruine von Quinn in Leuna, Foto: Martin Schramme, 2022

Die Anlage sollte 100.000 Jahrestonnen Methylmethacrylat produzieren und riesige Kolonnen standen bereits (Siehe Fotos von 2011), doch dann gab der Investor Quinn aus Irland auf. Von 2006 bis 2008 waren 191 Millionen Euro investiert worden, dann schlug die Weltwirtschafts- und -finanzkrise ins Kontor. Nach einem Eigentümerwechsel versuchte man, einen Partner zu finden, um den Bau zu vervollständigen. Das Vorhaben scheiterte. Den Rückbau der Chemieanlage der Quinn Chemicals GmbH übernahm dann die kvin ingenieurgesellschaft mbH aus Halle Saale im Auftrag der EPI Logistics GmbH aus Hamburg. Per Schwerlasttransport wurden die Teile nach Salzmünde zur Verladung auf Saale-Schiffe gebracht. Anfang 2016 versteigerte dann das international renommierte Industrie-Auktionshaus Troostwijk (gegr. 1930) aus Holland die ungenutzte Anlage in fast 1000 Positionen, darunter Reaktoren, bis zu 38,8 Meter hohe Kolonnen und Wärmetauscher in einer Online-Auktion.

2012 wurde Quinn in Irland für pleite erklärt und kassierte im selben Jahr wegen Missachtung des Gerichts eine Haftstrafe von neun Wochen. 2008 galt er noch als der reichste Mann der Insel-Republik. Es folgten Umbenennungen und 2019 das Rebranding in Mannok (Sitz in UK).

Methylmethacrylat (MMA) wird vornehmlich zur Herstellung von Acryglas verwendet. Auch für Zwei-Komponentenkleber ist der Stoff einsetzbar.

Schleuse des Saale-Elster-Kanals in Wüsteneutzsch

Schleuse Saale-Elster-Kanal bei Leuna, Foto: Martin Schramme Brückenpfeiler vor Schleusenwanne
Schleuse Saale-Elster-Kanal bei Leuna, Foto: Martin Schramme Blick in die Schleusenwanne
Schleuse Saale-Elster-Kanal bei Leuna, Foto: Martin Schramme Schleuse Saale-Elster-Kanal bei Leuna, Foto: Martin Schramme Schleuse Saale-Elster-Kanal bei Leuna, Foto: Martin Schramme, 2019 Foto: Martin Schramme, 2019 Foto: Martin Schramme, 2019 Foto: Martin Schramme, 2019 Foto: Martin Schramme, 2019

Mit Wasser gefüllt ist der Saale-Elster-Kanal bis auf die Höhe zwischen Göhren und Rodden. Mit kleinen Unterbrechungen ist der Kanal von Leipzig in Richtung Leuna bis zur Saale bei Kreypau im Grundriss angelegt. Doch das Bauwerk ist unvollendet. Beeindruckendstes Zeugnis der unfertigen Anlage sind die Betonruinen von Schleuse und Kanalbrücke bei Wüsteneutzsch. Das Bauwerk ist 116 Meter lang und bis zu 53 Meter breit. Bis zur Saale sind es von dort nur knapp zwei Kilometer. 1943 wurde der Bau endgültig eingestellt und in der DDR aus Kostengründen nicht wieder aufgenommen. 2011 wurden neue Pläne zur Fertigstellung des Kanals vorgestellt.

Der Saale-Elster-Kanal Förderverein wirbt seit 2007 für die Fertigstellung des Kanals. Doch seitdem ist nichts passiert. Der Bund als Eigentümer und Betreiber der Wasserstraßen plante 2022 keine Bauarbeiten am Saale-Elster-Kanal, schon gar nicht vom Ausbau eines Schleusenbaus. Ein Förderverein würde das gerne selbst in die Hand nehmen, dazu müsste der Bund den Kanal aber abgeben. Das ist bisher reine Fiktion, weil es dazu keine Anfragen gibt. Der Bund stünde dem aber offen gegenüber, berichten die "Leipziger Volkszeitung" und das Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der von Wassertourismus-Enthusiasten erhoffte Durchstich des Kanals zur Saale wird wohl ein Traum bleiben. Er ist zu teuer und wirtschaftlich nicht darstellbar. Der Bau wäre das nächste Steuergrab in einem Land, das insbesondere seit der Weltwirtschaftskrise 2008 unvorstellbare Geldsummen für Banken, den Euro, Griechenland, Massenmigration und in den Jahren 2022 und 2023 für den Krieg in der Ukraine ausgegeben hat.

mehr Infos zum Kanal

Galileo über die Schleuse (Youtube)

Ratskeller in Horburg

Ratskeller in Horburg, Foto: Martin Schramme, 2014 Foto: Martin Schramme, 2014 Foto: Martin Schramme, 2014 Foto: Martin Schramme, 2014 Foto: Martin Schramme, 2014 Foto: Martin Schramme, 2014

Der Ratskeller war einst eine Freizeit- und Vergnügungsstätte im Zentrum des Ö,rtchens Horburg (heute Stadt Leuna). Zu DDR-Zeiten wurde der Ratskeller offenbar durch eine Kegelbahn aufgewertet. Auf einer alten Postkarte aus der NS-Zeit ist der Ratskeller zu finden.

Rittergut Dölkau

Rittergut, Foto: Martin Schramme, 2014 Rittergut Doelkau, Foto: Martin Schramme, 2014

Das Rittergut in Dölkau stand im Sommer 2014 in großen Teilen leer und verfiel. Trotzdem war die Anlage noch immer recht imposant. Über der großen Toreinfahrt zum Hof befand sich ein Wappen. Es zeigte einen Mann mit drei Pfeilen in der Hand und sowie einen Adler diagonal auf je zwei Feldern und in der Mitte in einem extra Wappen einen Löwen. Neben dem Wappen standen die Kürzel C.S.B.V.H. und T.E.B.V.H. sowie die Jahreszahl 1751.

Betriebe in der DDR
Abbruch und Industriemontagen Leuna
VEB Industriebau Leuna (VEB Bau- und Montagekombinat Chemie)
VEB (K) Leuna-Werke Walter Ulbricht (Produkte: Scheuermittel "Leuna-Blank", Edelstahlreiniger, Paraformaldehyd, Leupolit, Leumattin, abwaschbare Tapete "Leukorthen", Konsumgüter: Mirathen-Beutel zum Einfrosten, Mirathen-Verpackungsbeutel, Mirathen-Haushaltsfolie, Haftfilm zum Frischhalten von Lebensmitteln, 2-Komponenten-Klebstoff "Helapox", Einlegesohlen aus Leunapor)
VEB Spezialmöbel Leuna
Deutsche Handelszentrale Maschinen- und Fahrzeugbau Berlin Anstalt des Öffentlichen Rechts Niederlassung Leuna
GHG Lebensmittel, Obst, Gemüse, Haushaltchemie Leuna, Friedrich-Ebert-Str. 69
Staatliches Kreiskontor für landwirtschaftlichen Bedarf des Kreises Merseburg, Leuna

Erdöl aus der Druschba-Leitung
Im Dezember 1958 beschlossen die damals sozialistischen Länder (Sowjetunion, DDR, Polen, Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänen, Bulgarien), die Erdölleitung "Freundschaft" (russ. Druschba) zu bauen. 1963 erreichte der Leitungsbau von Sibirien nach Westen die DDR in Schwedt an der Oder. Von 1974 bis 1981 erweiterte man die Kapazität nochmals durch den Bau einer zweiten Leitung parallel zur ersten. Auch der DDR-Chemie-Gigant Leuna-Werke "Walter Ulbricht" nutze das russische Öl, das nach dem vollständigen Ausbau der Trasse sogar aus der 5327 Kilometer entfernten sibirischen Region Tjumen kam. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges und der von den Grünen in Deutschland angeführten und von den USA orchestrierten, massiven antirussischen Kampagne beschloss Leuna, die Abnahme und Verarbeitung russischen Öls zum 1. Januar 2023 komplett einzustellen. Streit ums Öl hatte es auch früher immer wieder gegeben. Ende der 1970er Jahre ging es um die infolge der Ölkrise erhöhten Ölpreise, dann wirkte der Energiestreit 2007 zwischen Russland und Weißrussland bis nach Deutschland, als Weißrussland eine Transitsteuer zu erheben gedachte und Russland deswegen Druck auf Belarus ausübte. 2013 gab es erneut Streit zwischen den beiden ehemaligen Teilstaaten der Sowjetunion. Russland drosselte die Lieferungen um ein Viertel und begründete das mit Wartungsarbeiten.

Leuna vor 1945
Aktiengesellschaft für Mineraldünger Chemiewerk Leuna
Badische Anilin- & Sodafabrik, Ammoniakwerk Merseburg GmbH, Leuna Werke (Mitglied der I. G. Farben, Chemiekonzern, Tankstellen-Netzbetreiber)
Bauunternehmen Albin Neumann Leuna-Merseburg
Deutsche Gasolin Aktiengesellschaft (gegr. 1920 als Olea Mineralölwerke AG in Frankfurt Main, unter anderem Hersteller des Automobilöls Motanol; Werbung 1938: Das LEUNA-Werk als gröszlig;te Produktionsstätte der heimischen Treibstoff-Industrie hat in der Herstellung synthetischer Kraftstoffe die längsten Erfahrungen.)

In der Chemiefabrik von Leuna begann 1916 die Sprengstoffproduktion für den Ersten Weltkrieg (1914-1918). Bis 1945 gehörte der Betrieb zur 1925 gegründeten I.G. Farben. Zum Unternehmen gehörten eine Treibstoffproduktion und ein eigenes Tankstellensystem, das sich in einem "Zapfstellenplan" wiederfand. Das Besondere: Leuna produzierte ab 1927 Benzin aus Kohle. Damit konnte Deutschland ohne Öl, also unabhängig von Rohstoffimporten, seinen wichtigsten Treibstoff herstellen. Doch die ausländische Konkurrenz war gerade bei den Treibstoffen erdrückend, zumal die Preise durch gigantische neue Ölfunde in den USA und Asien gewaltig purzelten. Nach dem Börsencrash 1929 in New York stand Leuna endgültig mit dem Rücken zur Wand. Die I. G. Farben warb massiv für "Deutsches Benzin aus deutschen Rohstoffen" und setzte am Ende auf Hitler und die Nationalsozialisten, weil sie deutschen Produkten den Vorzug gaben, durch Autarkiebestrebungen deutsche Produkte gegen ausländische zu sichern gedachten und weil sie Abnahme- und Preisgarantien gaben, die Ende 1933 in den "Benzin-Vertrag" (eigentlich Feder-Bosch-Vertrag) mündeten. Zur Nutzung der deutschen Kohle für die Treibstoffproduktion wurde 1934 die BRABAG gegründet. Neue Hydrierwerke entstanden in Böhlen, Schwarzheide, Magdeburg und Zeitz.

Im Zweiten Weltkrieg (1939-1945) verschonten die alliierten Bomber lange die deutsche Treibstoffindustrie. Als sich mit den 1943 und 1944 anhaltenden Erfolgen der Roten Armee im Osten das Blatt zugunsten der Sowjetunion wendete, änderten die West-Alliierten, namentlich USA und Großbritannien, ihre Strategie und konzentrierten sich auf die kriegswichtige Industrie. Am 12. Mai 1944 begannen sie mit massiven Angriffen auf die Hydrierwerke in Leuna, Lützkendorf, Böhlen, Zeitz-Tröglitz und Brüx/Oberleutensdorf. Während der 22 Luftangriffen vom 12. Mai 1944 bis 4. April 1945 warfen 6552 große Bomber im Raum Leuna/Merseburg rund 18.000 Tonnen Bomben ab. Über den Auftakt am 12. Mai schreibt der Mitteldeutsche Rundfunk (mdr): "Am 12. Mai 1944 fallen 1.075 Tonnen Bomben auf die Hydrierwerke in Mitteldeutschland. Das führt zu einem Produktionsausfall von 570.000 Tonnen Treibstoff." Bis zu diesem Zeitpunkt hat das Deutsche Reich eine massive Verteidigung gegen Luftangriffe aufgebaut. Die Flak holte 123 Feindflieger vom Himmel. Wie sich die Lage damals aus Sicht der US Airforce darstellte, beschrieb das Airforce-Magazin 2007 so: "The US bomber crews were only too aware that this sprawling I.G. Farben chemical factory was the crown jewel of Germanys synthetic fuel industry." Es ging um die Kronjuwelen der deutschen Treibstoff-Industrie. Wie stark die deutsche Verteidigung zeitweise war, ist ebenfalls in dem Airforce-Magazin zu lesen: " Nov. 2, 1944 brought the costliest Leuna mission of all. The armada headed to Leuna consisted of 683 B-17s escorted by 642 P-51s and a handful of P-38s. In the raid, 38 bombers were lost, and an astonishing 481 took damage. At the time, the USAAF estimated that as many as 500 Luftwaffe fighters took to the skies. Almost 400 men did not return; the vast majority were MIA after bailing out. B-17 losses topped 5.5 percent for the day, a horrific attrition rate." Im selben Artikel heißt es, dass die Angriff auf Leuna massive Ausfälle beim Treibstoff und in der Folge bei den deutschen Truppen bewirkten, was wiederum den Russen bei ihrem Vorstoß nach Westen zugute gekommen sei. Freilich waren die Westalliierten nicht minder auf die Schwächung der deutschen Wehrkraft angewiesen, wie ihre empfindlichen Geländeverluste noch im Dezember 1944 im Zuge der Ardennenoffensive zeigten.

In der DDR war Leuna eine Industriestadt im Landkreis Merseburg (Bezirk Halle) mit 12.980 Einwohnern (Stand 1962, Eintrag in Meyers Neuem Lexikon von 1963).

Die Nazis und das Öl

Begriffslegende
DDR = Deutsche Demokratische Republik (Erster sozialistischer Arbeiter-und-Bauern-Staat auf deutschem Boden, 1949 bis 1990)
SBZ = Sowjetische Besatzungszone (Mitteldeutschland vom Kriegsende im Sommer 1945 bis zur Gründung der DDR am 7. Oktober 1949)

Quellen
LIZ
LVZ
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