Calbe (Saale, Sachsen-Anhalt)

Artefakte - Denkmale deutscher Geschichte
Fotos: Martin Schramme | Keine Verwendung der Bilder ohne Nachfrage!
letzte Änderung: 27.06.2023

Gute Böden bescherten Calbe an der Saale seit jeher gute landwirtschaftliche Produkte, nicht zuletzt Zwiebeln. Im 17. Jahrhundert entwickelte sich Calbe zu einer Stadt der Tuchmacher. Die Branche ernährte sich besonders prächtig durch die Herstellung von Tuchen fürs Militär, spekulierte jedoch auch auf Kriegsgeschäft, die nicht zustande kamen und riskierte den Ruin, so dass sie 1786 in Magdeburg um staatliche Hilfe bettelten. Tuchmachermeister Friedrich König kaufte schließlich als Erster Webereimaschinen aus England, womit auch in Calbe das Industriezeitalter begann. Johann Christoph Nicolai begann 1831 damit, in seiner Tuchmanufaktur Dampfmaschinen einzusetzen. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges rächte sich die Monokulturpolitik Calbes. Der endgültige Niedergang der Tuchindustrie traf die Stadt hart, aber immerhin blieb der gute Ruf des Ortes als Gemüseproduzent. Außerdem gelang es zwei Tuchfabrikanten, ihre Geschäfte fortzusetzen: Nicolai und Roesener. Hinzu kamen bis Anfang des 20. Jahrhunderts die Seifenfabrik Rudolf Imroth und die Papierfabrik Brückner. 1950 wurde in Calbe das erste und einzige Niederschachtofenwerk der Welt gebaut.

Brückner & Co. Calbe/Saale - Mühlenwerke und Papierfabrik

Saalemuehle, Foto: Martin Schramme, 2013 Saalemuehle, Foto: Martin Schramme, 2013 Saalemuehle, Foto: Martin Schramme, 2013 Saalemuehle, Foto: Martin Schramme, 2013 Saalemuehle, Foto: Martin Schramme, 2013 Saalemuehle, Foto: Martin Schramme, 2013 Saalemuehle, Foto: Martin Schramme, 2013 Saalemuehle, Foto: Martin Schramme, 2013 Saalemuehle, Foto: Martin Schramme, 2013 Saalemuehle, Foto: Martin Schramme, 2013 Saalemuehle, Foto: Martin Schramme, 2013 Saalemuehle, Foto: Martin Schramme, 2013
Bauteil aus dem Eisenwerk Wülfel in Hannover

Die ersten Saalemühlen in Calbe gab es bereits im frühen Mittelalter. Zu den ältesten noch erhaltenen Teilen gehört ein Wappen des Markgrafen Joachim Friedrich von Magdeburg, datiert auf das Jahr 1595. Es befindet sich an der ehemaligen Getreidemühle. Direkt hinter dem großen Saalewehr führt ein Kanal zum heutigen Industriedenkmal Saalemühle. Links befand sich die Getreidemühle, rechts die Papierfabrik (Papiermühle). Verbaut wurden in dem Objekt unter anderem Gussteile aus dem Eisenwerk Wülfel in Hannover. Das Eisenwerk Wülfel war Europas größtes Werk für die alleinige Herstellung von Transmissionen mit Filialen in Basel, Berlin, Breslau, Dortmund, Frankfurt/Main, Köln, Leipzig, Moskau und Mülhausen (Elsaß). Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurden an dem Standort Tuche gewalkt. Der rechte Teil des Mühlenareals wurde als Sägemühle weitergeführt, der linke Teil als Getreide-, Öl- und Graupenmühle. Beide Mühlen brannten nieder (links 1815, rechts 1834). Der Kaufmann Johann Christian Brückner aus Magdeburg übernahme schrittweise beide Saaleseiten und richtete rechtsseitig eine Büttenpapierfabrik ein. Seit 1885 wurden die Maschinen durch Wasserturbinen angetrieben. Produziert wurde vor allem Packpapier für die Zuckerfabriken in Calbe. Später belieferte Brückner auch Buch- und Zeitungsverlage. Verarbeitet wurden dafür Lumpen, Ätzkalk, Soda und Holzfasern.

Um die Gestaltung des Geländes der Papierfabrik bemühte sich von 2003 bis 2009 ein Verein, der das historische Ensemble allerdings nicht wiederleben konnte.

Luftbild der Altindustrieanlage in Calbe (Sachsen-Anhalt)

VEB Metalleichtbaukombinat (MLK), Werk Calbe

Metalleichtbaukombinat Calbe - Kraftwerk, Foto: Martin Schramme, 2017 Metalleichtbaukombinat Calbe - Kraftwerk, Foto: Martin Schramme, 2017 Metalleichtbaukombinat Calbe - Kraftwerk, Foto: Martin Schramme, 2017 Metalleichtbaukombinat Calbe - Kraftwerk, Foto: Martin Schramme, 2017 Metalleichtbaukombinat Calbe - Kraftwerk, Foto: Martin Schramme, 2017 Metalleichtbaukombinat Calbe - Kraftwerk, Foto: Martin Schramme, 2017 Metalleichtbaukombinat Calbe - Kraftwerk, Foto: Martin Schramme, 2017 Metalleichtbaukombinat Calbe - Kraftwerk, Foto: Martin Schramme, 2017 Metalleichtbaukombinat Calbe - Kraftwerk, Foto: Martin Schramme, 2017 Metalleichtbaukombinat Calbe - Kraftwerk, Foto: Martin Schramme, 2017 Metalleichtbaukombinat Calbe - Kraftwerk, Foto: Martin Schramme, 2017

1950/51 startete die DDR in Calbe/Saale das einzige Niederschachtofenwerk der Welt, in dem pro Jahr 300.000 Roheisen erschmolzen wurden. Mit der Kombinatsbildung in den 60er und 70er Jahren entstand daraus das Metalleichtbaukombinat (MLK). Das größte 2017 noch vorhandene Gebäude war das ehemalige Kraftwerk des VEB MLK, das seit 1996 stillstand und schließlich als Kampfarena für Airsoft-Schützen genutzt wurde.

Bahnhof Calbe (Saale) West

Bahnhof Calbe West, Foto: Martin Schramme, 2017 Bahnhof Calbe West, Foto: Martin Schramme, 2017 Bahnhof Calbe West, Foto: Martin Schramme, 2017 Bahnhof Calbe West, Foto: Martin Schramme, 2017 Bahnhof Calbe West, Foto: Martin Schramme, 2017 Bahnhof Calbe West, Foto: Martin Schramme, 2017 Bahnhof Calbe West, Foto: Martin Schramme, 2017 Bahnhof Calbe West, Foto: Martin Schramme, 2017

Die Strecke Bernburg-Waldau–Calbe (Saale) West wurde am 15. August 1890 von der Preußischen Staatsbahn als Nebenbahn eröffnet.

Zuckerfabrik an der Nienburger Straße

Zuckerfabrik in Calbe, Foto: Martin Schramme Zuckerfabrik, Foto: Martin Schramme

Die Zuckerfabrik an der Nienburger Straße wurde 1848 gegründet. Um 1875 hatte Calbe bereits zwei Zuckerfabriken. 1894 wurde sie zur Zuckerfabrik Calbe AG. 1910 verarbeitete die Fabrik 600 Tonnen Zuckerrüben. 1923 wurde am gleichen Ort eine zweite Zuckerfabrik gebaut, damals die modernste in Europa. 1945 demontierten die Sowjets diesen Neubau komplett als Reparationszahlung.

Betriebe in der DDR (1949-1990)
PGH "Saalepolstermöbel" Calbe
VEB Baustoffmaschinen und Behälterbau Calbe
VEB Brauerei und Malzfabrik Calbe (VEB Getränkekombinat Magdeburg)
VEB Cito Hand- und Körperwaschmittel Calbe (Rudolf Imroth Seifenfabrik gegr. 1846, VEB Seifama Magdeburg seit 1984)
VEB Eisenwerke West
VEB Elektro-Blitz Calbe
VEB Essiggemüse Calbe
VEB Fermenta Calbe (Betrieb im VEB Kombinat OGS Magdeburg)
VEB Förderanlagen Calbe (VEB Schwermaschinenbaukombinat TAKRAF Leipzig)
VEB Funkwerk Calbe
VEB Gebäudewirtschaft Calbe
VEB Gelatine- und Leimwerke Calbe
(VEB Gelatinewerk Calbe, Betrieb im VEB Fotochemisches Kombinat Wolfen, Kalban)
VEB Gemüsekonserven Calbe
VEB Gerätewerk Elbia Calbe
VEB Getreidewirtschaft Calbe (Betriebsteile in Barby, Biere, Calbe, Egeln, Sachsendorf, Staßfurt / Betrieb im VEB Kombinat Getreidewirtschaft Magdeburg)
VEB Gurkenkonserven Calbe (VEB Gurkeneinlegerei Calbe)
VEB Gurkenkonserven- und Sauerkrautfabrik Calbe
VEB Hoch- und Industriebau Calbe (VEB BMK Magdeburg)
VEB Konservenfabrik Calbe (VEB Kombinat OGS Magdeburg)
VEB Lederwaren Calbe Saale (VEB Kombinat Holz- und Kulturwaren Magdeburg, ab 1981 VEB Kombinat Magdeburger Kultur- und Lederwaren)
VEB Metalleichtbaukombinat (MLK), Werk Calbe
VEB NOW Niederschachtofenwerk Calbe (Saale) - 1970 stillgelegt, Werktätige gingen zum MLK
VEB Obst- und Gemüseverarbeitung Calbe
VEB Ogema Calbe (VEB Kombinat OGS Magdeburg, nach 1990 durch Treuhand privatisiert)
VEB OGS Calbe (VEB Kombinat OGS Magdeburg)
VEB Rohkonserven Calbe
VEB Roland-Kinderkleidung, Calbe/Saale, Tuchmacherstraße 55/57 (VEB Kombinat Oberbekleidung Erfurt)
VEB Sattlerwaren Calbe
VEB Sauerkraut und Essiggemüse Calbe
VEB Straßenbau Calbe (VEB BMK Magdeburg)
VEB Werk Calbe im Metalleichtbaukombinat Leipzig
VEB Wolldeckenfabrik Aschersleben-Calbe, Werk II, Calbe/Saale (Nachfolger der 1945/46 enteigneten Tuchfabriken Nicolai und Roesener)
PGH Fundament Calbe
PGH Saalepolstermöbel Calbe

Wirtschaft in Calbe vor 1945
August Duphorn Rum-, Likör- und Essenzen-Fabrik (gegr. 1880)
Brikettfabrik Alfred
Brückner & Co. Calbe Saale - Mühlenwerke und Papierfabrik (Brücknerwerk)
Calbenser Mechanische Schuhfabrik Rudolf Opel
Chemische Fabrik Kalbe AG (Bergmann, Rammelberg & Heicke GmbH, Produkte: Futterkalk Marke "Edelweiß")
Filzfabrik Karl Capelle (gegr. 1846)
Hallesche Salzwerke und Chemische Fabrik Kalbe AG (bis 1937 Chemischen Fabrik Kalbe GmbH)
Horst Otto Gurken-Einlegerei und -Konserven-Fabrik
Hugo Förster Nachfolger Mineralwasserfabrik
Krakau & Müller Calbe, Chemische Fabrik (K.M.C.)
Kriebelsche Dampfbrauerei
Maschinenfabrik Calbe a. S. GmbH (eigene Eisengiesserei, Faconschmiede, Mechanische Werkstatt, Tischlerei; Spezialitäten: Ziegeleimaschinen, Ziegelpressen, Brechwalzwerke, Glattwalzwerke, Nasskollergänge und Trockenkollergänge, Steinbrecher, Mischapparate, Tonschneider, Abscheide-Apparate, Nachpressen, Falzziegelpressen, selbsttätige Beschicker, Aufzüge, Niederlässe, Horizontal-Steintransporteure, Becher-Elevatoren, Kettenförderungen, Steinelevatoren, Tontransporteure, Transportschnecken und -Bänder, Schlämmapparate, Pumpen, Transmissionen, Reparaturen, Umbauten, Freifallmischmaschinen, Coquillen-Hartguss, Walzenmäntel für Brech- und Glattwalzwerke, Läuferringe und Mahlplatten für Kollergänge, Brechbacken für Steinbrecher)
Nähmaschinen-Fabrik Mundlos & Schulz
Otto Miller Kupfer-Eisen-und-Metallwaren-Fabrik (Metall- und Eisengießerei)
Seifenfabrik Imroth, Calbe, Querstr. 8, Magdeburg, Tischlerbrücke 22 (seit 1846, verschiedene Namen: Eduard, Richard)
Tuchfabrik Hundt
Tuchfabrik Gehlhorn
Tuchfabrik Grobe
Tuchfabrik König
Tuchfabrik Nicolai
Tuchfabrik Raschke
Tuchfabrik Roesener
Tuchfabrik Schotte
Zuckerfabrik Calbe AG (gegr. 1848)

Eintrag im Brockhaus-Lexikon von 1894
An der Linie Halle-Güsten und der Nebenlinie Grizehne-Cönnern der Preußischen Staatsbahnen. Post erste Klasse, Telegraph, Fernsprechverbindung. Fabrikation von Tuch- und Wollwaren, Papier, Cigarren, Malz und Zucker, Wollspinnerei, Dampfmahlmühlen, Ziegelbrennereien und in der Umgebung eine Braunkohlengrube, Gurken- und Zwiebelbau.

Eintrag im Volks-Brockhaus von 1936
"Industrie: Tuch, chemische Erzeugnisse, Zucker; Braunkohlen, Gemüsebau."

Quellen
duphorn-franke.de
picclick.de
zvab.com