Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert brauchte Deutschland auch deutlich mehr und bessere Mühlen als zuvor. Gewaltige Gebäudekomplexe entstanden landauf und landab und blieben in Mitteldeutschland vielfach bis Mitte der 1990er Jahre in Betrieb.
Roggenmühle in Bad Köstritz
Anfang des 20. Jahrhunderts ging die "neue" Mühle, nachdem die alte Mühle niedergebrannt war, in Betrieb. Ausstatter war die 1895 gegründete Braunschweigische Mühlenbauanstalt Amme, Giesecke & Konegen (AGK). Das Unternehmen versorgte halb Europa - von Spanien bis nach Schweden - mit Mühlentechnik. So kam es 1904 auch zum Bau der Silo- und Turbinenanlage für die Mühle "August Müller" in Bad Köstritz. 1972 kam das Objekt endgültig in Staatshand. 1975 wurden die Mahlwerke entfernt, um Platz zu schaffen für eine Mischfutterproduktion. Seit 1993 erzeugt das Turbinenhaus mit dem Wasser der Weißen Elster Strom für 120 Haushalte. Im Sommer 2014 war die ehemalige Roggenmühle in Bad Köstritz noch immer nur Wasserkraftwerk und Recyclinghof. Dabei hatten Architektur-Studenten aus Erfurt im Frühjahr 2010 mit ganz anderen Ideen für Schlagzeilen gesorgt in der Ostthüringer Zeitung. Sie schlugen vor, den 24 Meter hohen Turm für Kletterer auszubauen. Insgesamt sollte das 2200 Quadratmeter große Mühlengelände gegenüber der Schwarzbier-Brauerei touristisch und kulturell genutzt werden. Der Mühlenkomplex besteht aus Kontor, Mehllager, Turm, Mühlengebäude und Turbinenhaus.
Thüringer Mühlenwerke Camburg | VEB Mühlenwerke Camburg
Schon seit 800 Jahren steht am Ort der heutigen Camburger Mühle ein Mahlwerk. 1847 kaufte Johann Chr. Luft das Objekt. Im Sommer 1945 wurde die Mühle volkseigen. Durch Umbauten in den 1950er und 1960er Jahren wurde die Mahlleistung der Mühle auf täglich 125 Tonnen Weizen und 36 Tonnen Roggen gesteigert. 1967 wurden die volkseigenen Mühlen im Bezirk Gera zusammengeschlossen, wobei die Camburger Mühle die Leitung übernahm. Die Mühle erhielt wiederholt die Auszeichnung "Betrieb der ausgezeichneten Qualitätsarbeit". "Griffiges Weizenmehl für Knödel, Nudeln oder Kuchen der böhmischen Küche liefert der VEB Mühlenwerke Camburg seit wenigen Tagen an den Handel", berichtete des SED-Zentralorgan "Neues Deutschland" am 5. Mai 1988.
Porzellanfabrik 1: Massenmühle in Kahla
"Massenmühle Porzellanfabr. Kahla erbaut 1904 - 1906" steht an dem alten Gemäuer. Der Schweizer Johann Bünzli, Direktor der Porzellanwerke Kahla, hatte für seine erfolgreiche Arbeit eine Walkmühle erhalten, die er zur Massenmühle um- und ausbaute. In einer Masse(n)mühle wird die Porzellanmasse hergestellt. Kaolin, Quarz und Feldspat werden gemischt und gemahlen und schließlich mit Wasser zu Schlicker verarbeitet.
Drei-Ähren Mühlen Saara
In der DDR hieß der Betrieb in Saara (Lehndorf im Kreis Altenburg, Bezirk Leipzig) VEB Mühlenwerke Saara und gehörte seit der Kombinatsbildung zum VEB Kombinat Getreidewirtschaft Leipzig. Zu den Mühlenwerken Saara gehörte seit 1977 auch die Mühle in Gardschütz. Produziert wurde dort unter anderem Weizenmehl für Napfkuchen, Blechkuchen und Mehlschwitzen sowie Weizen-Auszugsmehl für feine Torten, Sandkuchen und Teegebäck (1080 Gramm für 1,40 Mark). Auf den Papiertüten, in denen das Mehl verkauft wurde, befand sich ein orangefarbener Kreis mit drei Weizen-Ähren, was nach der Wende noch eine Rolle spielen sollte. Die Mühle in Saara wurde 1990 von der Treuhandgesellschaft privatisiert. Die Tagesleistung des Betriebes lag bei 100 Tonnen Getreide. Doch ein bis 1995 befristeter Vertrag und Streitigkeiten wegen ungeklärter Eigentumsverhältnisse legten die Produktion lahm. Von dieser Zeit kündete auch im Herbst 2015 noch die Aufschrift Drei-Ähren Mühlen Saara GmbH. Das Objekt gehörte zur VK Mühlen AG Hamburg. Später kaufte ein Tunesier das Gelände, doch von dem, so berichtete die Ostthüringer Zeitung (OTZ) im Jahr 2010, fehlte schon bald jede Spur, so dass sich die Gemeinde um Sicherungsmaßnahmen kümmern musste. Das verlassene Industrieobjekt befindet sich direkt neben der sehenswerten Christopheruskirche.
Dresdener Mühle am Alberthafen
1912 gaben die Gebrüder Ernst und Moritz Bienert den Bau einer Getreidemühle. Das renommierte Architekturbüro Lossow & Kühne übernahm die Planungen. Bis 1914 entstand die damals modernste Dampfmühle des Deutschen Reiches. Bis zur Verstaatlichung 1972 blieb die Leitung in der Hand der Familie Bienert. Fortan firmierte der Betrieb als VEB Mühlenwerke Dresden.
Weizenmühle an der Weißeritz in Dresden
Im Plauenschem Grund an der Weißeritz und neben der S-Bahn-Strecke Dresden-Tharandt steht eine alte Weizenmühle. Markant ist der große, 30 Meter hohe Siloturm. Ehe seit 1830 in Dresden-Coschütz Weizen gemahlen wurde, wurde am selben Standort Pulver für die sächsische Armee hergestellt. In der Pulvermühle kam es wiederholt zu Explosionen. 1917 wurde wesentliche Teile des heutigen Mühlenensembles errichtet, darunter auch der Siloturm. Das Objekt gehörte nun zur König-Friedrich-August-Mühlenwerke AG, die auch eine Brotfabrik betrieb. 1946 wurde daraus die Dölzschner Mühlenwerke AG. Die Verstaatlichung des Objektes folgte bald darauf. Die Mühle kam schließlich zum VEB Getreidewirtschaft Dresden, Betriebsteil Heideschanze. Seit 1990 ruht der Betrieb und die Mühle steht leer.
Bienert-Mühle Dresden (saniert)
Stand Januar 2014: In der Bienert-Mühle an der Weißeritz in Sachsens Landeshauptstadt Dresden sind Loftwohnungen geplant (loft = Speicher, Dachboden, Lagerhalle, Industriegebäude). Etwa die Hälfte des Gebäudekomplexes wird bereits für Wohnungen, einen Biolebensmittelladen, ein Kaffee und das Museum Hofmühle Dresden genutzt.
Gottlieb Traugott Bienert (1813-1894) war der Sohn einer Müllerfamilie mit Wurzeln bis ins 14. Jahrhundert. Nach ihm heißt heute die ehemalige Hofmühle im Stadtteil Dresden-Plauen. 1852 pachtete er die marode Hofmühle, ließ sie erweitern und moderne Technik einbauen, ab 1872 war er Eigentümer. Bienerts Aktivitäten blieben nicht auf die Mühle beschränkt. Der Bau einer Gasanstalt samt Gaslaternen sowie einer Wasserleitung und einer Telegraphenstation folgten. Beteiligt war er auch am Bau einer Kinderverwahranstalt und einer Schule. Nach seinem Tod entwickelten seine zwei Söhne Ernst Theodor und Moritz Erwin den Betrieb weiter. Zur Bienert-Mühle gehörten auch Bienerts Villa und ein Park. In der DDR wurde die Mühle verstaatlicht und zur Backwarenfabrik umfunktioniert. Nach der Wende 1990 betriebt der Agrarhändler Fleming & Wendeln das Objekt bis 1995.
Der Standort der Hofmühle soll einer der ältesten Mühlenstandorte Sachsens sein. Den Anfang machte eine Mahlmühle. Tuchmacher übernahmen das Objekt 1295 und rüsteten sie zur Walkmühle um (walken von von althochdeutsch walchan "kneten"). Als Hofmühle ist das Objekt seit 1568 bekannt.
Stand Juni 2016: Das Gebäudeensemble an der Weißeritz ist fast vollständig saniert und hat nun - leider - keine Patina mehr.
Mühle am Freßbach bei Eisleben (Stand: 2012)
Am Freßbach in Oberrißdorf/Unterrißdorf (Lutherstadt Eisleben) befanden sich rüher mehrere Mühlen. Eine gehörte der Familie Hohenstein. Um mit dem wenigen Wasser wirtschaftlich arbeiten zu können, schufen Hohensteins vom Bach einen Abzweig in zwei Vorratsbecken oberhalb der Mühle. Das Wasser floss dann durch einen Überlauf in ein Rohr und direkt auf ein sehr schmales, großes Stahlrad.
Turmwindmühle in Gleina
Der rund und konisch geziegelte Turmhölländer in Gleina verfügte Mitte der 1990er Jahre noch über Reste seiner Jalousieflügel. Jalousieflügel passten ihre Klappen automatisch dem Wind an, so dass die Mühle gleichmäßig lief.
Mühle am Saale-Wehr (VEB Kösener Mühlenwerke)
Die Alte Mühle am Wehr in Bad Kösen an der Saale, so wie sie 2013 zu sehen war, ist nur der Rest des einstigen Bauwerkes. Nach dem verheerenden Brand vom 12. September 2007 steht vom Hauptbauwerk nur noch der Turm. Das Feuer war nach Brandstiftung entstanden. Schon Ende August musste die Feuerwehr zur Mühle ausgerücken und einen Schwelbrand löschen. Zu DDR-Zeiten arbeitete der Betrieb unter dem Namen VEB (K) Kösener Mühlenwerke.
VEB Walzenmühle Wöllsdorf
Von der Mühle in Wöllsdorf gelangt man über eine Brücke nach Töpeln. Das Hochwasser im August 2002 zerstörte die Brücke. Ein Neubau wurde errichtet. Aus der Gefahrenkarte der Talsperrenverwaltung des Freistaates Sachsen geht hervor, dass die Walzenmühle Wöllsdorf besonders hochwassergefährdet ist. Als ehemaligen Besitzer der Mühle taucht in den Chroniken Albrecht Kuhnert auf. Nach Streitigkeiten mit einer Erbin, der Grundstücke an Ober- und Untergraben gehörten und die nach unerfüllt hohen Verkaufsforderungen Ober- und Untergraben zuschütten ließ, kam der Betrieb zum Erliegen. Auf einer alten Rechnung von 1929 heißt das Unternehmen Walzenmühle Wöllsdorf Franz Reese. Als Inhaber ist Email Steiner angegeben. Zu den Produkten der Mühle gehörten Roggen- und Weizenmehl. Heute wird das Objekt als Wasserkraftwerk (WKW) genutzt.
Wöllsdorf gehört zur Ortschaft Ziegra und ist ein Ortsteil von Döbeln.
Jonitzer Mühle (erbaut 1883)
In Dessau-Waldersee an der Mulde steht ein markantes Bauwerk: die Jonitzer Mühle. Der Koloss aus Klinkersteinen ist ein Bauwerk des Industriezeitalters, erbaut 1883 stammt es aus der Gründerzeit, als das geeinte Deutsche Reich zur Weltmacht aufstieg. 1971 brannte die Mühle aus. Es gab mehrere Vorläufer. So ist überliefert, dass Friedrich Schlobach die Mühle 1780 errichten ließ und Gustav Adolf Schlobach die Mühlenwerke 1861 erneuerte.
Mühle Pischwitz
Die Mühle Pischwitz befindet sich an der Zschopau nur 500 Meter weg von deren Mündung in die Freiberger Mulde. Im Mühlgraben war im Mai 2015 ein videoüberwachtes Wasserkraftwerk (WKW) untergebracht.
Grohmühle in Geringswalde
Die Grohmühle in Geringswalde hat eine wechselreiche Bau- und Umbaugeschichte. 1825 begann die Geschichte mit dem Bau einer Bockwindmühle. 1881 brannte die Mühle nieder und wurde durch eine Holländermühle ersetzt. Der damalige Mühlenbesitzer Emil Hofmann begann schon bald darauf mit dem weiteren Ausbau des Objektes. 1882 sollten es Wohn- und Nebengebäude sein, 1883 Dampfkessel, Maschinenhaus und Getreidespeicher. Doch der Unternehmer übernahm sich offenbar, denn 1897 war er pleite. Pächter der Mühle wurde ab 1901 Otto Arthur Groh, dessen Name die Mühle auch im Jahr 2015 trug. Der Neue stellte 1905 von Wind auf Dampf um. Es war der Anfang eines regen An- und Umbaus während der folgenden Jahre. Die Dampfmühle wurde vergrößt, um mehr Getreide verarbeiten und Mehl lagern zu können. Groh erhöhte die Mehlniederlage, errichtete ein Kontor, ein Silo und einen Kühlturm. Auch im Jahr 2015 war noch der Gleisanschluss zur Mühle zu sehen, der 1913 hergestellt wurde. 1925 wurde Edmund Graf neuer Mühlenbesitzer. Er erlebte dann auch in der DDR die schrittweise Verstaatlichung seines Betriebes. Erst bestand eine staatliche Beteiligung, wobei ab 1960 auf die Produktion von Mischfutter für die DDR und die Sowjetunion umgestellt wurde, dann kam es 1972 verglichen mit vielen anderen Betrieben relativ spät zur entgültigen Enteignung und Überführung der Mühle in den VEB Getreidewirtschaft. Nach der Reprivatisierung ging die Produktion weiter. Allerdings mussten die Erben einen herben Rückschlag verkraften, als ein Brand 1999 die Produktionsanlagen zerstörte.
Mühle in Grimma
Die Wassermühle an der Mulde in Grimma ist ein Zeugnis deutscher Industriegeschichte und Jahrhunderte alt. 1725 steht gut lesbar auf einem Schlussstein. Frisch am Mauerwerk abgetragen sind die enormen Hochwasserstäde des Flusses mit einem historischen Höchstand am 13. August 2002.
Schiffsmühle in Höfgen auf der Mulde bei Grimma
Schiffsmühlen waren schon im antiken Rom bekannt und später europaweit verbreitet. Heute haben sie Seltenheitswert. In Deutschland sind heute noch einige wenige Exemplare zu finden: in Minden (Weser), Ginsheim (Rhein) und in Gifhorn.